Inhaltsbeschreibung
In Anbetracht der Notwendigkeit der für 2020 formulierten Ziele der EU für die künftige Energie- und Klimapolitik wird sich Österreich massiv anstrengen müssen, um seine einstige Vorreiterrolle wieder einnehmen zu können, wozu die Österreichische Wirtschaft als auch der Sozialstaat durchaus in der Lage wären. Das Europäische Parlament hat mit seiner Empfehlung vom 31.01.2008, das Passivhaus bis 2011 zum allgemeinen Standard in Europa zu etablieren, bereits deutlich die Umsetzung der Europäischen Klimaschutz- und Energiestrategieziele für 2020 vorgezeichnet. Gerade in diesem Sektor nimmt Österreich heute bereits mit knapp 5.000 gebauten Passivhäusern mit einer Nutzfläche von 2,5 Mio. m² eine weltweite Vorreiterrolle ein, von der die Bevölkerung durch minimale Energiekosten, und die Bauwirtschaft durch einen enormen Qualitäts- und Know-How Vorsprung international punkten kann. Das Gleiche gilt mittlerweile für hoch effiziente Faktor 10 Sanierungen, oft bis zum Passivhausstandard. Der größte Vorarlberger Wohnbauträger saniert bereits 15 - 45% seiner jährlichen Renovierungen auf bzw. nahezu auf Passivhausstandard – zur vollsten Zufriedenheit der Bewohner.
Diese Vorbilder zeigen auf, dass die dringend notwendigen Ziele erreichbar sind, wonach Europa bis 2020 sogar 25 - 40% und bis 2050 mindestens 80% des Energieverbrauches und der CO2 Emissionen von 1990 reduzieren müsste, um die Versorgung sicher zu stellen und die dramatischen Veränderungen des Klimas so weit als möglich eindämmen zu können.
Die vorliegende Studie hat den gesamten Wohnbau Österreichs grundlegend durchleuchtet und mit Unterstützung aller maßgebenden Institutionen analysiert, um in unterschiedlichen Szenarien die teils stark abweichenden Auswirkungen auf den Endenergieverbrauch und die CO2 Emissionen im Wohnbaubestand und Neubau detailliert aufzuzeigen. Die Schlüsselfunktion nimmt dabei ganz eindeutig die Energieeffizienz ein. Dazu ist eine engagierte Neuordnung und Vereinheitlichung der Baugesetzgebung, Wohnbauförderung, wie auch Miet- und Eigentumsgesetzgebung erforderlich.
Die Ratifizierung der GEEG-Richtlinie (Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden) im Dezember 2009 in der Europäischen Union setzt dazu den richtigen Rahmen. Die Umsetzungsmaß-nahmen müssen jedoch von jedem Staat autonom getroffen werden. Österreich hat mit bereits 300 Quadratmeter Passivhausstandard pro 1.000 Einwohner die besten Voraus-setzungen, bis 2020 die Effizienzsteigerungen im Gebäudesektor um mindestens 20 Prozent, und den Anteil der erneuerbaren Energieträger auf mindestens 36 Prozent zu erreichen.
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Kurzfassung
Zielsetzung
Ziel der vorliegenden Studie ist eine fundierte Aussage über den zukünftigen Einfluss des Wohnbaus auf den Energieverbrauch und die CO2 Emissionen Österreichs mittels Analyse und Darstellung zu treffen.
Mit dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls hat sich die Internationale Staatengemeinschaft am 16. Februar 2005, und damit Österreich als Vertragspartner, dazu verpflichtet, die CO2 Emissionen im Bezug auf 1990 bis zur Periode 2008-2012 im Mittel weltweit um 5% zu senken. Das österreichische Reduktionsziel liegt gemäß den Vereinbarungen bei -13%.
Innerhalb der Europäischen Union hat man sich außerdem darauf verständigt bis zum Jahr 2020 die Emissionen in Bezug auf 1990 um mindestens 20% zu reduzieren.
Weitere Zielperioden, mit dem Bestreben die weltweite Klimaerwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf 2 K zu beschränken, sind in Vorbereitung (Kopenhagen Dez. 2009). Ziehen hier auch andere wichtige Global Player am selben Strang ist die Europäische Union bereit ihre Zielambitionen auf 30% zu erhöhen.
Um den nachfolgenden Generationen eine reale Chance auf gute Existenzgrundlagen zu bieten wird es gemäß der aktuellen wissenschaftlichen Diskussionen nötig sein, die CO2 Emissionen bis 2050 um 80% in Bezug auf 1990 zu senken.
Dabei stellt der Gebäudesektor eine maßgebliche Einflussgröße an den Gesamtemissionen dar und hat zu dem auf Grund seines enormen Bestandsvolumens eine erhebliche Trägheit in der Umsetzung von Reduktionsmaßnahmen.
Mit dieser Studie soll eine fundierte Grundlage für die notwendige Umsetzung relevanter und realistischer Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele auf Basis von Szenarien erstellt werden.
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Hauptergebnisse
Die im Zuge der österreichischen Klima- und Energiestrategie beschlossenen Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor werden bei einer vollständigen Umsetzung nicht ausreichen, um die angestrebten sektoralen Klimaschutzziele auch nur annähernd zu erreichen. Selbst die beschlossenen ungenügenden Schritte wurden jedoch bis dato nur zum Teil umgesetzt. So wird mit der vorliegenden Studie aufgezeigt, dass wir im Wohnbau mit den aktuellen Bemühungen für 2012, eine Emissionsbilanz 24,8% (3,5 Mio. t) über dem Kyotoziel ansteuern. Setzen sich die derzeitigen Trends fort, werden wir 2020 das Klimaschutzziel um 6,9 Mio. t CO2 und damit um 65,7% verfehlen! Damit leisten wir nicht nur einen aktiven „Beitrag“ zur Verstärkung der globalen Klimaerwärmung, sondern werden in naher Zukunft auch mit massiven Strafzahlungen, gemäß unseren internationalen Verträgen, sowie Versorgungsproblemen konfrontiert sein.
In den letzten Jahren haben wir den bis dato höchsten Endenergieverbrauch in der Geschichte des österreichischen Wohnbaus erreicht. Gleichzeitig werden rund 72% unseres Bedarfs von fossilen Energieträgern gedeckt, die von Verknappung und nicht endend wollenden Preisspiralen geprägt sind. Die Folge sind nunmehr gehäuft auftretende Versorgungsengpässe (z.B. Gasstreit) und unbezahlbar hohe Heizkosten für sozial schlechter gestellte Bevölkerungsteile. Die Heizkostenzuschüsse der Länder müssen jährlich ausgeweitet werden. Die Bemühungen, den Anteil erneuerbarer Energieträger am Energiemix zu erhöhen, tragen bedingt durch das große Bedarfsvolumen, bis dato wenig Früchte. Könnten wir den aktuellen Gebäudebestand rasch und komplett auf erneuerbare Energieträger umzurüsten, ständen wir auf Grund des hohen Bedarfs an Energie vor der Problematik ungenügender Ressourcen, selbst am Sektor der erneuerbaren Energieträger.
Unterstrichen durch die Ergebnisse der vorliegenden Studie kann die aktive Nutzung der vorhandenen Energieeffizienzpotentiale als Lösungsstrategie für beide zuvor genannte Problematiken hervorgehoben werden. Durch die Reduktion des Endenergiebedarfs sinken parallel die durch Nutzung der Energie verursachten Emissionen. Der damit essentiell geringere Energiebedarf kann wesentlich leichter durch erneuerbare Energieträger gedeckt werden, womit die Emissionsbilanz erneut verbessert werden kann. In Summe ist es so möglich im Jahr 2020 mehr als 6,5 Mio. t CO2 gegenüber der Emissionsbilanz 2008 einzusparen, und somit den Ausstoß am THG um 27,9% gegenüber 1990 zu senken. Für 2050 kann bei Anwendung dieses Szenarios eine Reduktion der Emissionen um 15,9 Mio. t gegenüber 2008 prognostiziert werden, was 71,3% Rückgang zu 1990 entspricht.
Damit kann die Bedeutung der Energieeffizienz als Energieträger der Zukunft mehr als unterstrichen werden.
Der österreichische Gebäudebestand, und damit auch der Wohnbau, setzt sich aus einem vielschichtigen Konglomerat an Bauten, geprägt von unterschiedlichsten architektonischen Stilen, Materialien und Rahmenbedingungen des Errichtungsjahres, zusammen. Je nach Errichtungsperiode und Gebäudetyp (EFH/MFH) können daher differierende Potentiale geortet werden. Die größten Potentiale werden bei den EFH der Periode 1961-80 gesehen. Grund dafür sind der schlechte Baustandard, hoher Energieverbrauch und gute Sanierbarkeit in Kombination mit einem bis dato geringen Sanierungsvolumen. Alleine hier werden Einsparungen in der Größenordnung von 3,7 Mio. t CO2 im Jahr 2050 prognostiziert, werden die möglichen Potentiale (Sanierung zum Passivhaus) umgesetzt. Die zweitgrößten Potentiale bieten die zukünftig errichteten EFH. Gerade hier ist der Passivhausstandard besonders einfach umzusetzen, womit sich 2050 1,9 Mio. t CO2 im Vergleich zum Mindeststandard gemäß 15a Vereinbarung [208/ME (XXIII. GP)] einsparen lassen. Einsparungspotentiale von mehr als 1,5 Mio. t CO2 werden bei den MFH der Periode 1961-80 im Jahr 2050 geortet. Der Grund für die geringeren Potentiale im Vergleich zu den EFH dieser Periode liegt, bei ähnlichen Gebäudevoraussetzungen, im geringeren Bestandsvolumen gekoppelt mit einem hohen Anteil bereits (auf schlechtes Niveau) sanierter Objekte.
Die Grundlage eines erfolgreichen Szenarios bildet dabei eine Kombination aus hoher Sanierungsrate und bester thermischer Sanierungsqualität. Dieses Duo ist untrennbar miteinander verbunden. Eine zu geringe Sanierungsrate verhindert eine breitenwirksame Umsetzung. Bei einer Senkung der Sanierungsqualität werden hingegen nicht nur aktuell möglich Potentiale vergeudet, sondern auch weiterführende Verbesserungen auf Jahrzehnte hinausgezögert, da sich die eben durchgeführten Maßnahmen erst amortisieren müssen, bzw. die Bewohner nicht durch erneute Sanierungsarbeiten gestört werden wollen.
Neben der thermischen Sanierung hat der Neubau, bedingt durch den hohen Bedarf an neuen Wohnflächen, wesentlichen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der Emissionsbilanz. Eine fehlgeschlagene Entwicklung in diesem Sektor verschlechtert die Gesamtbilanz wesentlich und führt bis hin zur kompletten Aufhebung der bilanziellen Wirkung der durchgeführten thermischen Sanierungen.
Die aktuelle Situation der österreichischen Emissions- und Energiebilanz macht ein rasches und entschiedenes Handeln unabdingbar. Wie weit die Resultate anvisierter und möglicher Szenarien auseinandergehen, zeigt die vorliegende Studie klar und deutlich auf. Auf Grund der Trägheit des österreichischen Gebäudebestandes ist es unerlässlich rasch tiefgreifende Maßnahmen zu ergreifen.
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