COP21 in Paris: Passivhaus als Schlüssel für Gebäudesektor anerkannt
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- Veröffentlicht am Donnerstag, 10. Dezember 2015 00:00
Während der Konferenz stand vom 2.-9. Dezember ein Team von insgesamt 15 Personen von Passivhaus Institut, iPHA, La Maison Passive und Passivhaus Austria bereit, um die Delegierten von den Potentialien im Gebäudesektor zu überzeugen. Günter Lang war als Vertreter der Passivhaus Austria vor Ort und konnte dabei Gespräche mit zahlreichen Entscheidungsträgern führen:
Im Gespräch mit Günter Lang, Leiter der Passivhaus Austria, betonte Youba Sokona, Vice Chair im IPCC, dass die Chancen gut stehen am Ende der UN-Klimakonferenz zu einem rechtswirksamen Klimaabkommen zu gelangen, bei dem bis zum Jahr 2030 die CO2-Emissionen um mindestens 40 Prozent weltweit reduziert werden. Energieeffizienz spielt für ihn dabei die wichtigste Rolle. Peter Dogsé, Co-Chair der UNESCO in der Task Force on COP21 and Climate Change, freute sich über die aktive Unterstützung der Passivhaus Netzwerkgruppe bei der Überzeugungsarbeit der rund 40.000 Delegierten und Besucher während der COP21, um mit konkreten und bereits erprobten Lösungsvorschlägen ein ambitioniertes Klimaschutzabkommen erreichen zu können. |
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Bei der Eröffnung des „Buildings Day“ konnte man auch gleich den positiven Wandel Kanadas vernehmen. Glen Murray, Minister of Ontario, betonte in seiner Rede, dass man mit dem Raubbau an der Natur und den dramatischen Auswirkungen von Ölsanden und Fracking nicht so weiter machen könne und künftig vielmehr die Altbausanierungen auf „Nearly Zero Energy Building Standard“ bringen und im Neubau nur noch „Net Zero Energy Buildings“ errichten müsse. Auch Gregor Robertson, Bürgermeister von Vancouver, zeigte beim Treffen mit Frank Jensen, Bürgermeister von Kopenhagen, dass mit dem Passivhaus-Standard im Sozialen Wohnbauhöchste Energieeffizienz trotz (noch) sehr niedriger Energiepreise realisierbar sei. Justin Trudeau, Kanadas neuer Premierminister brachte es auf den Punkt: „Canada is back at UN climate talks“. Siehe hierzu auch: Vancouver und Wien bauen auf Passivhaus | |
Ed Mazria, Gründer von architecture2030.com, verdeutlichte in seinem beeindruckenden Vortrag „Road to Zero“ den < 2°C Pfad für den Gebäudesektor. Für ihn steht außer Frage, dass der Gebäudesektor bei der Zielerreichung zur Unterschreitung des 2°C Zieles die größten und kostengünstigsten Umsetzungspotentiale aufweist. Hierfür ist eine radikale Trendwende zu einem CO2 freien Gebäudesektor weltweit bis 2050 notwendig – inklusive dem Gebäudebestand. Dazu sind höchst energieeffiziente Gebäude beim Neubau ebenso wie in der Altbausanierung ab sofort im großen Stil umzusetzen, damit diese Gebäude ihre Energie mit 100% erneuerbaren Energieträgern nachhaltig decken können. Dies wird mittlerweile von 63 Prozent der amerikanischen Architektur- und Ingenieurbüros und von 52 der größten chinesischen Architekturbüros mitgetragen. Für Mazria stellt dabei der Passivhaus-Standard eine Schlüsselrolle und Grundvoraussetzung mit vielfachem Nutzen für alle dar. | |
Marcene Broadwater, von der World Bank Group für "International Finance Corporation" betonte in ihrer Rede, dass weltweit genügend Geld nur darauf warte für besonders energieeffiziente und nachhaltige Projekte abgeholt zu werden. Fatih Birol von der Internationalen Energieagentur IEA bestätigte im Gespräch die unverzichtbare Notwendigkeit des Passivhaus-Standards zur signifikanten Reduktion des weltweiten Energieverbrauches, umso mehr, als er Wolfgang Feist und sein Konzept seit langem gut kenne und schätze. | |
Im Workshop “Energy efficient building worldwide – Passive House Standard as one proven solution!” zeigte Amina Lang, Leiterin der International Passive House Association iPHA, die ökonomischen Potentiale von hoch energieeffizienten Gebäuden, wie dem Passivhaus, auf. Günter Lang, Leiter der Passivhaus Austria, brachte einen kleinen Auszug an Best-Practice Beispielen von mittlerweile über 65.000 Passivhäusern von Neubauten und Altbausanierungen in allen Klimazonen. An Hand der 40 Passivhaus-Leuchtturmregionen, welche 42 Millionen Einwohnern beherbergen, verdeutlichte er, wie engagierte politische Rahmenbedingungen solche Standards von der Forschung in die breite Praxis bringen. | |
Etienne Vekemans, CEO von La Maison Passive, freute sich in seiner Präsentation über die Vielzahl der bereits realisierten Passivhäuser. So kann Frankreich als Gastgeberland der COP21 bereits über 1.000 Passivhäuser vorweisen, wovon knapp 150 vom PHI zertifiziert sind. Jorge Armando Guerrero Espinoza von Mexico’s National Housing Commission (CONAVI) präsentierte die enge Zusammenarbeit mit PHI und der German International Cooperation Agency zur Entwicklung einer NAMA (Nationally Appropriate Mitigation Actions). Verschiedene energieeffiziente Standards wurden mit PHPP verglichen und das Passivhaus zeigte sich auch für Mexiko als die kostengünstigste Lösung bei Betrachtung der Lebenszykluskosten. Nun läuft ein Förderprogramm, welches mit Hilfe der KfW die Errichtung von 900 Passivhäusern in Mexiko samt Betreuung durch das PHI fördert. |
Thomas Paino, Direktor für öffentliche Bauten bei New York City Department of Design and Construction bewohnt selbst das erste Passivhaus in Queens, ein Reihenhaus namens “The Climate Change Row House”. Er sieht für New York City mit dem Passivhaus den Durchbruch zur drastischen Reduktion des Energieverbrauches, welcher in NYC zu 75 Prozent auf das Konto der Gebäude geht, gelungen. Mit der konsequenten Umsetzung des Passivhaus-Standards würde NYC auch wesentlich widerstandsfähiger gegenüber kommenden Naturkatastrophen wie zuletzt bei Wirbelsturm Sandy sein. Siehe hierzu auch: New Yorker Briefing zeigt Weg zu Passivhaus-Metropole auf
Hoch erfreut war auch Günter Liebel, Sektionschef im Österreichischen Umweltministerium, beim Besuch am Stand der Passivhaus Netzwerke. Es sei wichtig hier den Delegierten aus aller Welt deutlich zu machen, dass der beste Gebäudestandard – das Passivhaus – weltweit in allen Klimazonen im Neubau ebenso wie in der Altbausanierung ökonomisch umsetzbar sei. Dies würde auch mit dem „Austrian Green Building Star“ untermauert, wo nachhaltige Gebäude in der ganzen Welt mit österreichischem Know-how ausgezeichnet werden, vorausgesetzt sie erfüllen basierend auf der Berechnung nach dem PassivHausProjektierungsPaket PHPP den Passivhaus-Standard. Liebel zeigte sich ebenso wie Dieschbourg vorsichtig optimistisch, dass am Ende der COP21 Verhandlungen ein gutes Ergebnis für unser Weltklima heraus kommen werde. Noch nie zuvor gab es so viele gute Vorsätze von den 194 Staatschefs.
„Energieeffizienz ist die weltweit größte verfügbare Energieressource“, machte Günter Lang unmissverständlich deutlich, „welche ohne jegliche Gefahr und zudem äußerst kostengünstig von jedem Erdenbürger in Überfluss genutzt werden kann. Dabei sollte man wirklich aus dem Vollen schöpfen und die Effizienzpotentiale von 90 bis 95 Prozent im Gebäudesektor bei Neubau und Sanierung nutzen, damit die <1,5°C auch wirklich erreicht werden können und die CO2-Emissionen von Gebäuden bis 2050 auf null herunter gefahren sind“. Dies ist umso wichtiger, als fossile Energien ebenso wie die Nuklearenergie absolut keine Option für eine klimaschonende Zukunft sind. Alleine in Europa sterben 400.000 Menschen durch die Luftschadstoffe (European Environment Agency/2015) und in Peking wurde soeben erstmals in der Geschichte die Warnstufe Rot wegen der katastrophalen Feinstaubbelastung ausgerufen, die den Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation WHO von 10 µg/m³ gleich um das 35-fache überschritten hat. Ganz zu schweigen von der unsicheren Kernkraftnutzung, der weltweit bereits ebenfalls zehntausende Menschen durch überhöhte Strahlenbelastung zum Opfer gefallen sind. Während fossile Energieträger weltweit mit 530 Mrd. Dollar pro Jahr subventioniert werden und die Atomenergie ohne der noch vielfach größeren öffentlichen Subventionierung überhaupt nicht marktfähig wäre, ist Energieeffizienz die kostengünstigste, sicherste und umweltschonendste Energielösung für unseren Planeten Erde.
So sollte nach den Plänen von Lang, ein weltweiter Energieeffizienz-Masterplan mit einem jährlichen Budget von 250 Mrd. Euro von 2016 bis 2036 etabliert werden, um jene Bauten der Ära 1930 bis 1980 mit 60 Mrd. Quadratmeter Nutzfläche auf EnerPHit-Standard mit einer um 85 Prozent verbesserten Energieeffizienz zu bringen. So könnte dieses Programm bei einem Zuschuss von € 100,- pro Quadratmeter binnen 20 Jahren 12.000 TWh an Energie bzw. 6,6 Mrd. Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr einsparen. Dies entspricht der zehnfachen Elektrizitätserzeugung aller Kraftwerke in Deutschland und Frankreich zusammen (https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerk, Stand 2013) Außerdem würden 39 Millionen Green Jobs jährlich geschaffen und dieser Masterplan für Bewohner, Investoren, Wirtschaft, Finanz und Umwelt rundum ein voller Erfolg und Gewinn sein. Wir sollten Energieeffizienz endlich im Überfluss genießen – aus Verantwortung für unsere Kinder.